Einblick in die Dinkelzüchtung

Einen Sommer lang draussen aktiv bei verschiedenen Getreiden auf dem Feld mithelfen und dabei viel Neues lernen – das war mein Praktikum in der biodynamischen Getreidezüchtung Peter Kunz (GZPK). Zwischen den verschiedenen Dinkelsorten und -Züchtungen stehend beantwortete die langjährige Dinkelzüchterin Franca dell’Avo mir meine Fragen.

Unser europäischer Dinkel ist aus einer spontanen Kreuzung zwischen einem Zwergweizen und Emmer entstanden und dies erst zirka 4000 Jahre nach unserem heutigen Brotweizen. Züchterisch gesehen ist der Dinkel somit noch eine relativ junge Kultur mit viel Entwicklungspotenzial. In der Schweiz begann die Dinkelzüchtung vor etwa 100 Jahren wobei die damals üblichen sogenannten Landsorten durch «Auslese der besten Einzelpflanzen» und deren Vermehrung gezüchtet wurden. So entstanden homogenere Sorten und 1916–1919 fand schliesslich die erste schweizerische Dinkel-Sortenprüfung statt. Die zwei Linien Oberkulm Nr. 3 und Zuzgen Nr. 15 – ein Rot- und ein Weisskorn – wurden als beste erkoren. In den 30er-Jahren waren es dann etwa 13 Sorten, wobei die Landwirte bei dieser Auslesezüchtung eine grosse Rolle spielten. 1930 wurde mit Kreuzungszucht begonnen – also bewusst zwei verschiedene Dinkelpflanzen als Eltern ausgewählt und gekreuzt – woraus unter anderem die Sorte Ostro aus einer Kreuzung von Oberkulmer und Steiners Rotem Tiroler entstand und 1978 auf den Markt kam. In den 90er-Jahren gab es weitere neu zugelassene Sorten, welche jedoch alle aus Kreuzungen von Dinkel mit Weizen entstanden. Weizen wurde eingekreuzt, um agronomische Eigenschaften, insbesondere die Standfestigkeit, zu verbessern. Die daraus entstandenen neuen Sorten wie «Lueg», «Hubel» oder «Balmegg» kamen allerdings bei Verarbeitern und KonsumentInnen nicht gut an – die typischen Eigenschaften von Oberkulmer wurden vermisst. Mit diesem Hintergrund wurde die «Schweizerische Interessengemeinschaft zur Förderung des Dinkels aus angestammten Gebieten» – kurz IG Dinkel – gegründet, um den Dinkelanbau zu stärken und wieder attraktiver zu machen. Die Organisation gründete das «UrDinkel »-Label und kürte die Sorten Oberkulmer und Ostro als Vorzeigedinkel. Das neue Label kam bei den KonsumentInnen gut an, aus züchterischer Sicht aber wurde das Bild des Dinkels jedoch auf zwei, dazu noch engverwandte, Sorten reduziert, was für die Neuentwicklung einer Sortenvielfalt einschneidend war, meint Franca.

Lesen Sie das ganze Interview mit Dinkelzüchterin Franca dell’Avo.

Erschienen im Der Zürcher Bauer, Nr. 38, 18. September 2020.